DELETED by Margit Ruile

DELETED by Margit Ruile

Autor:Margit Ruile [Ruile, Margit]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: arsEdition GmbH
veröffentlicht: 2015-03-30T16:00:00+00:00


Adam

Das Holoei glänzte grünlich.

»Warum hat Jonas das getan?«, fragte ich. »Warum hat er das Ei versteckt? Das war doch ziemlich riskant.«

»Jonas hat immer gefährliche Dinge getan«, sagte Zoe.

War da Bewunderung oder Missbilligung in ihrer Stimme? Ich sah zu Boden und spürte, wie plötzlich ein komisches Gefühl in mir hochkrabbelte und mich verwirrte. War es Neid? Wieso Neid? Auf was? Jedenfalls ärgerte es mich, dass Zoe so bewundernd von Jonas sprach. Und ich wusste nicht mal, wieso.

Zoe hielt nun das Ei ins Licht. »Warum öffnet es sich nicht?«, murmelte sie und legte es auf den Monitor des E-brace. Das grünliche Licht schimmerte durch das ganze Ei, das nun wie durchsichtig aussah. Komisch. Warum ging das Ei nicht auf? Das Licht eines E-brace öffnet sonst immer ein Holoei.

Lennart blickte von einem zum anderen. »Jonas wollte sicher, dass nur wir es öffnen können.« Er griff in seine Hosentasche und zog eine Kerze heraus.

Die Kerze! Es ist die gleiche Kerze, die nun vor mir steht. Es ist Spätherbst und das Licht geht so schnell weg. Jetzt ist es schon dunkel. Bald muss ich sie anzünden. Ich versuche das so spät wie möglich zu tun, denn ich habe Angst, dass sie zu schnell abbrennen wird. Aber die Seite vor mir ist nur noch ein verschwommenes blaues Viereck und ich kann meine eigenen Buchstaben kaum mehr erkennen. Ich habe auch noch Lennarts Streichhölzer. Drei Stück! Ich werde sie mir gut einteilen!

Diese Streichhölzer – es waren damals noch mehr – zog Lennart aus einer Schachtel, die er zusammen mit der Kerze aus der Hosentasche befördert hatte, und zündete damit die Kerze an.

Dann nahm er vorsichtig das Ei und hielt es gegen die Flamme. Wir warteten und hielten die Luft an. Ich spürte Zoe neben mir und versuchte zugleich, sie nicht zu bemerken.

Ja!

Das Ei teilte sich und ein dreidimensionales Bild erschien.

»Du bist wirklich ein Freak, Lennart«, flüsterte Zoe anerkennend. Das Bild zeigte einen Mann. Er stand auf einer Bühne und grinste in die Kamera.

»Wo kann man es nur abspielen?« Lennart drehte das Ei und die Figuren verschwanden. Dann stellte er das Holo wieder aufrecht. Der Mann stand wieder da und lächelte. Lennart kratzte sich am Kopf und tippte dann in die Szene hinein.

Der Mann trat nun einen Schritt nach vorne und lächelte noch breiter.

»Wer ist das?«, fragte ich.

»Solon, der Chef von Logos«, erklärte Zoe überrascht. Ich beugte mich vor, um die Person genauer zu betrachten.

Tatsächlich. Ich hätte ihn erst gar nicht erkannt. Er sah viel jünger aus als auf den Bildern, die ich von ihm gesehen hatte, und trug auch einen dieser komischen Kinnbärte.

Nur falls ihr das nicht wisst – was ich für extrem unwahrscheinlich halte: Logos war zu der Zeit, in der ich das schreibe, die Firma. Ich glaube, früher gab es noch andere Softwarefirmen. Aber sie alle waren im Laufe der Zeit von Logos geschluckt worden. Und immer, wenn sich jetzt irgendwo ein neues Erfolg versprechendes Unternehmen gründete, kaufte es Logos mit viel Geld auf. Logos stellte alles her, die Reader, die E-braces. Jede Suchanfrage und alle Kommunikation liefen über Logos.



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